Als
Les Misérables 1980 in Paris seine Premiere feierte, war kaum abzusehen, dass das Musical von Claude-Michel Schönberg und Alain Boublil schließlich für die Musicalwelt eine ähnliche Stellung einnehmen würde, wie seine Vorlage sie in der Weltliteratur innehat. Obwohl es nicht schlecht lief, war der erste Erfolg doch nicht überragend, womöglich unter anderem deshalb, weil die Autoren sich auf Grund der Länge des Quellmaterials stark auf die Belesenheit der Zuschauer verließen und einen Großteil der Hintergründe – einschließlich der gesamten Hintergrundgeschichte der Hauptfigur – dem impliziten Wissen ihres Publikums überließen.
Als das Musical fünf Jahre später nach England exportiert wurde, sollte gerade dieses Manko umfassend behoben werden: In dem englischsprachigen Libretto von Herbert Kretzmer wurde die gesamte Show großflächig umgeschrieben, Lieder wurden ersetzt oder anderen Figuren übergeben (wie „On My Own“, das ursprünglich als „L‘Air de la Misère“ von Fantine gesungen wurde) und nicht zuletzt bekam Jean Valjean nun seinen verdienten, ausführlichen Prolog. Diese Version des Musicals, die heute trotz kleinerer Veränderungen die einzig gebräuchliche ist, startete nun ihren weltweiten Erfolgszug und wurde schließlich sogar wieder ins Französische zurückübersetzt.
Les Misérables nimmt unter anderem die Stellung als das am längsten laufende Musical des West Ends ein und erlebte bereits zwei großangelegte konzertante Produktionen, die auf DVD veröffentlicht wurden. Bei diesem Erfolgshintergrund, gepaart mit dem Ruhm von Victor Hugos Roman und einem Inhalt, der geradezu danach schreit, in bombastischen Bildern dargestellt zu werden, galt die großangelegte Verfilmung, die momentan ihren Siegeszug in den Kinos antritt, schon lange nur mehr als eine Frage der Zeit.
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